Kritik des Nudings

Das Spannungsfeld zwischen Paternalismus und Selbstbestimmung

Huster (2015, S. 51-) beschreibt im Zusammenhang mit dem Nudiging-Begriff Spannungsfelder, die die Legitimation des Paternalismus begründen oder in Frage stellen können:
  • Negativer und positiver Gesundheitsbegriff: In der Versorgungs- und Versicherungslogik gilt als Gesund, wer nicht krank ist (negativer Gesundheitsbegriff) - demgegenüber steht das soziale Ideal der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung : Menschen können gesünder als andere sein - selbst wenn niemand krank ist (positiver Gesundheitsbegriff). Diesen unterschiedlichen Gesundheitsbegriffen kommt ein unterschiedliches Gewicht in der Abwägung mit anderen Gütern zu.
  • Disziplinäre Prägung: Public Health ist von der empirische Sozialwissenschaft geprägt - Autonomie und Willensfreiheit des Individuums stehen statistischer, Kohortenbezogenen Daten gegenüber: Die Existenz von "Ausreisser" aus der Kohorte eröffnet einen Widerspruch in Bezug auf den Geltungsbereich des Nudgings.
  • Soziale Einbettung der Selbstbestimmung: Die Annahme, dass menschliche Entscheidungen und Verhaltensweisen zahlreichen Einflüssen unterliegen eröffnet einen angesichts sozialer Gesundheitsungleichgewichte einen Konflikt: Wie ist die (strukturelle) "Verhältnisprävention" gegenüber der (individuellen) "Verhaltensprävention" zu gewichten?

Quellen

Huster, Stefan (2015) Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Gesundheit. Normative Aspekte von Public Health. Nomos