Intuition als Teil professionellen Handelns

Intuition als Teil professionellen Handelns

Intuition als Limitation regelgeleiteter Technik

Im holistischen Modell professioneller Handlungskompetenz kann Technik im Wesentlichen unter dem Stichwort "Evidenz" auf den Begriff der Qualifikation zurückgreifen. Ethischer Individualismus, Intuitionsfähigkeit und Situationserfassung sind limitiert.

Was ist Intuition?

Schmid et al. Definieren Intuition im Kontext der Professionellen Begegnung als eine psychische Funktion, die schnell grosse Mengen an Daten zu einem Urteil integriert und dadurch unmittelbar Handlungsfähigkeit herstellt. Intuition kann demnach eine Hilfe im Umgang mit Komplexität darstellen - erfordert aber, dass Intuition durch (professionelle) Reflexion geschult wird.

Risiken intuitiven Handelns?

  • Wenn Handlungsideale und Leitbilder intuitiv angewendet werden, führt das zur Verfestigung zufälliger Lösungen, zur Überbetonung von individuellen Erfahrungen und zu einer großen Varianz in der Qualität pflegerischer Arbeit.
    • Hier soll der Versuch gemacht werden, professionelles pflegerisches Handeln explizit zu machen und seine grundlegenden Elemente zu analysieren. (Veit 2004, S. 9)
  • Notfallhandeln muss unmittelbar erfolgen, es kann die Autonomie einer Person einschränken und erfordert den Zwang zur schnellen Entscheidung. Das konkrete Handeln ist dann ggf. nicht analytisch, sondern intuitiv.
    • In diesen Fällen soll bereits erfolgtes Handeln im Nachhinein Reflektiert werden. Die Begründung gegenüber der betroffenen Person kann aufgeschoben werden - Professionalität bedeutet aber, diese Begründung nachzuliefern. (vgl. Veit 2004, S. 38-39)

Intuition & Profession

Die Transformation der naturwissenschaftlich-technischen Kompetenz in eine fallbezogene hermeneutische intuitive Praxis begründet die Professionalisierbarkeit der Krankenpflege (Veit 2004, S. 129)

  • Intuitives und analytisches Denken sind einander nicht entgegengesetzt - Sie können im Gegenteil Zusammenwirken und tun es oft (Veit 2004, S. 86, 113)
  • Je erfahrener eine Pflegekraft ist, desto weniger orientiert sie sich an Standards und Schemata. Vielmehr handelt sie intuitiv aufgrund ihrer reflektierten Erfahrung. (Veit 2004, S. 2001)
  • Intuition von Pflegeexperten unterscheidet sich von der Alltagsintuition des Laien genauso wie von den Berechnungen eines Anfängers oder einer Maschine. Sie beruht auf solidem theoretischen Wissen und der kontinuierlichen Reflexion des praktischen Handelns. Beim Wechsel in einen neuen Arbeitsbereich wird die Fähigkeit zur Intuition über neue Erfahrungen erworben. (Veit 2004, S. 201-202)

Das holistische Modell professioneller pädagogischer Handlungskompetenz

Roth (2013) fasst für den pädagogischen Bereich zusammen, dass professionelles Handeln nicht nur von der Qualifikation, sondern in hohem Masse auch von Intution und der individuellen Umsetzung eines Berufsethos abhängig ist. Das holistische Modell professioneller pädagogischer Handlungskompetenz verdeutlicht:

Kompetenz ist kein statisches Gebilde, sondern ein sich je nach Situation verwirklichender Impuls, der die konkrete Handlung adäquat steuert. Darin liegt auch das gerade für professionelles Handeln kennzeichnende Moment der prinzipiellen Unsicherheit des Handelns begründet: Jede Situati­on ist eine komplexe und prinzipiell einmalige Konstellation. Nur durch die Intuitionsfähigkeit entsteht die nötige Flexibilität situationsangemessen zu handeln. Gerade ExpertInnen handeln oft intuitiv, wobei diese Intuition nicht ein „Entscheiden aus dem Bauch heraus“ ist, sondern vielmehr als eine Fähigkeit entsteht, die sich auf einem langen Professionalisierungsweg entwickelt (vgl. Dreyfus/Dreyfus 1986; Neuweg 1999 in Roth 2013)

Reflexion auf das Feld der Technik

Regelgeleitete Technik kann die Ansprüche der Intuition nicht erfüllen. Hypothese: Eine Annäherung an die Intuition ist durch Massendaten und statistische Verfahren ("Stichwort: Künstliche Intelligenz") möglich. In diesem Sinne könnten schnelle Entscheidungen getroffen werden, wenn auf eine Umfassende Erfahrung (Evidenz) zurückgegriffen wird. Allerdings muss hierzu ebenfalls auf eine umfassende Erfassung der Situation zurückgegriffen werden, die mit allen Sinnesorganen des Menschen konkurrieren kann. Zudem muss gemäss dem Anspruch an die Profession sichergestellt werden, dass die Entscheidung professionell Reflektiert und expliziert wird.