
Techniktheorie
Was ist Technik
Was ist Technik

Der Technik-Begriff hat zeitweise ausschliesslich Prozedurale oder Gegenständliche Bedeutung und beinhaltet zweitweise beides.
- Die Indogermanische Wurzel bedeutet so viel wie "flechten", "zusammenfügen", "verbinden" und bezieht sich auf die Bearbeitung von Stein und Holz (vgl. Friesacher 2010, S. 296, Tüg 2014, S. 6).
- Das Wort Technik leitet sich aus dem griechischen techné („τέχνη“) ab (vgl. Tüg 2014, S. 6).
- Aristoteles verbindet mit dem Techné-Begriff Wissen und Handeln: "Technik ist ein auf Tun gerichtetes Wissen oder ein auf Wissen gegründetes Handeln" (vgl. Tüg 2014, S. 6).
- Im Lateinischen wird der Sachverhalt von „τέχνη“ durch die Wörter "ars" und "machina" ausgedrückt (vgl. Tüg 2014, S. 9).
- 1706 wird der Begriff "Technology" als "a descritption of Arts, especially the Mechanical" beschrieben (vgl. Tüg 2014, S. 9).
- 1777 formt Beckmann den Modernen Technikbegriff mit "Technologie als "Verfahrenstechnik" und (etwas weiter gefasst) als "die Wissenschaft von der Produktion und ihren Prozessen" (vgl. Tüg 2014, S. 10).
- 1877 pägt Knapp die Auffassung von Technik als eine Organprojektion (der Hammer als Verlängerung des Armes, das Messer als verbesserter Schneidezahn) (vgl. Tüg 2014, S. 10).
- Das Wort Technik ist ein im 18. Jahrhundert aus dem Französischen übernommener Terminus (vgl. Friesacher 2010, S. 296).
- Im 20. Jahrhundert verengt sich der Technikbegriff auf künstlich hergestellte Gegenstände und grenzt sich vom Begriff der Technologie (als "technikbezogenes Wissen" oder "Anwendung des technikbezogenen Wissens") ab (vgl. Tüg 2014, S. 11).
Quellen
- Heiner Friesacher (2010) Pflege und Technik - eine kritische Analyse. Pflege & Gesellschaft 15. Jg., H4
- Florian Tüg (2014) Technik und technisches Artefakt. Eine Untersuchung zum ontologischen Status technischer Artefakte. Dissertationsschrift.
Missverständnis & Begriffsabgrenzung

Technik ist das reaktive, sich vollziehende, geschaffene
- geschaffen: modifiziertes und antizipiertes, kontingenterweise entstanden.
- reaktiv: vollständig Gesetzen unterworfen, zwischen Input und Output vermittelnd
- vollziehend: kann nur über die Zeit erstreckend begriffen werden.
Technik ist "geschaffen"
- Technik ist das künstlich hergestellte. Technik zeichnet sich aus durch:
- Modifikation (durch Bearbeitung entstanden)
- Antizipation («um zu») - um etwas zu erreichen
- Kontingenz («nicht zwangsläufig»)
- Natur und Leben sind Gegeben, sie sind vorhanden bzw. vorfindbar. Sie zeichnen sich aus durch:
- Selektion («genutzt als»)
- Zufall («wirkt als»)
- Deterministisch (durch Naturgesetze festgelegt)
- Intention: Gibt es - wie bei der Technik - eine Absicht im Schaffensprozess?
- Interpretation: Kann eine mögliche Absicht des Schöpfers - wie bei Nautur und Leben - nur durch Interpretation erschlossen werden?
Technik ist "reaktiv"
- Leben ist aktiv und selbstbezüglich. Leben zeichnet sich aus durch:
- Individualität (z.B. durch Selbstbewegung, Selbsterhaltung, Selbstorganisation)
- Technik steht wie die (unbelebte) Natur dem Leben als reaktiv gegenüber.
- Vollzüge sind vollständig durch allgemeine Gesetze / Ursache-Wirkungs-Verhältnisse bestimmt.
- Einem spezifischer Input folgt ein spezifischer Output
- Konstruktion: Besteht etwas - wie Technik und Natur - aus Handlungsschritten oder Teilchen?
- Motivation: Ist etwas - wie das Leben - aktiv und gibt es individuelle Entscheidungen?
Technik ist "vollziehend"
- Natur ist vorstellig
- Natur ist primär räumlich – die Dimension «Zeit» spielt eine nachrangige Rolle
- Technik steht wie das Leben der Natur als Vollziehend gegenüber
- Primär zeitlich, bewegt: Technik erstreckt sich im wesentlichen über eine Zeitspanne.
Erschliessende Fragestellung:
- Funktion: Hat etwas - wie Technik und Leben - eine funktionale Struktur, die immer in Relation zu einem Ziel/Prozess/System steht?
- Manifestation: Kommt etwas - wie die Natur - zeitlos zur Erscheinung?
Quellen
- Florian Tüg (2014) Technik und technisches Artefakt. Eine Untersuchung zum ontologischen Status technischer Artefakte. Dissertationsschrift.
Akteur-Netzwerk-Theorie
In unserem Sprachgebrauch erhält Technik wiederholt eine Aktive Komponente:
- "Technik bremst mich aus."
- "Technik unterstützt mich."
- "Das System fällt aus."
- "Technik versagt."
- "Der Schuh drückt."
- "Mein PC ist abgestürzt"
Unerwünschte Effekte
- Die Erforschung von technischen Komponenten von Geräten produziert kein fokusseirtes Bild, weil es immer einen unklaren Kontext oder einen Hintergrund mit veschwommenen Grenzen gibt. (vgl. Ankrich 2006, S. 407).
- Unerwünschte Effekte erlauben es, Bedarfe genauer zu fassen, denn: "wenn wir die elementaren Mechanismen der Abstimmung beschreiben wollen, müssen wir Umstände finden, in denen das Innen und Aussen von Objekten nicht gut zusammenpassen." (vgl. Ankrich 2006, S. 409)
Quellen
- Madeleine Ankrich (2006a) Die De-Skription Technischer Objekte. In: ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie. Bielefeld: Transcript. S. 406-428.